Name Nicola Marsden
Alter 55
Akademischer Grad Dr. phil. Dipl.-Psych.
Aktuelle berufliche Position
Forschungsprofessorin
Fachbereich bzw. Forschungsgebiet Sozioinformatik
Veröffentlichungen und Forschungsschwerpunkte Meine Forschungsarbeiten beschäftigen sich mit der Schnittstelle von Geschlecht und Technologie, insbesondere wie Stereotype in der Entwicklung von KI und IT-Produkten adressiert und überwunden werden können. Ich untersuche, wie Personas im Designprozess genutzt werden können, um Empathie und Inklusivität zu fördern, und wie geschlechtergerechte Ansätze die Technologiegestaltung und -bildung verbessern können. Ein weiterer Fokus liegt auf der partizipativen und sozialverantwortlichen Technologieentwicklung, zum Beispiel in Reallaboren, um Diskriminierung zu erkennen und entgegenzuwirken, sowie auf der Förderung von Frauen in technischen Berufen.
Auszeichnungen und Preise
Mitgliedschaft in wissenschaftlichen Vereinigungen oder Organisationen
Inspirierende Personen oder Vorbilder Mich inspirieren Menschen, die sich zugewandt, humorvoll und beharrlich für Geschlechtergerechtigkeit in der Tech-Welt (und überhaupt) einsetzen, z.B. Barbara Schwarze, Isabel Rohner, Karen Holtzblatt, Timnit Gebru, Robert Franken und viele andere.
Ein Zitat fürs Leben Ein wirklich Zitat, das mein Leben begleitet, habe ich nicht. Deshalb habe ich ChatGPT meine Veröffentlichungsliste gegeben und gefragt, was das „Zitat fürs Leben“ dieser Person sein könnte. Die Antworten, die mir am ehesten gefallen haben, waren: „Lebe, als ob jeder Bug ein Feature ist“ und „Sei kein Betriebssystem, das ständig Updates verweigert".
Ich bin Forschungsprofessorin, leite das Lab für Sozioinformatik an der Hochschule Heilbronn und arbeite dort mit meinen Mitarbeiter*innen an einer Reihe von Forschungsprojekten, die alle im Themenkreis Gender und IT angesiedelt sind. Auch in meinen Ehrenämtern geht es meist um Geschlechtergerechtigkeit in Wissenschaft und Technik, z.B. im Kompetenzzentrum Technik – Diversity – Chancengleichheit oder bei der Initiative Junge Forscherinnen und Forscher. Ich habe zwei Kinder im Teenageralter und lebe mit Mann und Kindern auf dem ehemaligen BUGA-Gelände in Heilbronn.
Nach meinem Studium der Psychologie habe ich bei Mercedes-Benz in der IT-Qualifizierung gearbeitet und bin der IT seitdem treu geblieben: Ich habe in der Unternehmensberatung gearbeitet und mich dann selbstständig gemacht und Change-Management-Prozesse im Rahmen von Systemumstellungen bei großen Firmen begleitet. Parallel zu meiner Selbstständigkeit habe ich promoviert und bin 2002 dann an die Hochschule Heilbronn gekommen. Allerdings muss ich gestehen, dass ich nicht gezielt auf eine Professur hingearbeitet habe – die Stelle habe ich zufällig gesehen und sie schien so genau auf mich zugeschnitten, dass ich mich beworben habe und dann auch berufen wurde. Ich wurde dann nach einem Jahr Dekanin einer unserer technischen Fakultäten. In diese Zeit fiel dann auch der Bologna-Prozess, d.h. ich habe die Umstellung vom Diplom auf Bachelor- und Masterabschlüsse mit der Fakultät umgesetzt. Das war eine herausfordernde Aufgabe, denn viele Kollegen sahen damals mit der Abschaffung des „deutschen Diplom-Ingenieurs“ unseren Untergang besiegelt. Ernsthaft angefangen zu forschen habe ich eigentlich erst recht spät – es hat mir eigentlich schon immer Spaß gemacht, aber damals war das Umfeld an der Hochschule auch noch wenig forschungsfreundlich, das ging damals erst los und das habe ich ja auch versucht, für unsere Hochschule mitzugestalten. Heute leite ich die Forschungseinheit Sozial-, Verhaltens- und Wirtschaftswissenschaften beim Promotionsverband Baden-Württemberg, in dem die forschungsstarken Professor*innen des Landes organisiert sind und seit vergangenem Jahr auch Promotionen betreuen können.
Meine Entscheidung, eine wissenschaftliche Laufbahn in der Sozioinformatik einzuschlagen, wurde stark von meiner Begeisterung für das komplexe Wechselspiel zwischen digitaler Technologie und den sozialen sowie gesellschaftlichen Dynamiken geprägt. Ein prägendes Beispiel für diese Faszination bot meine frühe Arbeit im PC-Lernstudio bei Mercedes in den 1990er Jahren. Dort unterstützten wir Rückkehrerinnen aus der Familienpause dabei, sich mit den damals neuen digitalen Werkzeugen vertraut zu machen. Völlig schockiert stellte ich eines Tages fest, dass wir einen Kurs für den Bildplattenspieler im Angebot hatten, der den Frauen erläuterte, dass die Einführung eines PCs an ihrem Arbeitsplatz nicht bedeutete, dass sie nun mehr Zeit für persönliche Belange, wie etwa die Pflege ihrer Fingernägel, hätten...
Heute würde das so nicht mehr passieren, aber das Grundprinzip bleibt dasselbe: Unsere digitalen Technologien sind geprägt von unseren gesellschaftlichen Vorstellungen. Und sie formen alle Aspekte unseres Lebens, unsere Möglichkeiten, unsere Art zu arbeiten und miteinander zu kommunizieren. Dies birgt ein enormes Potential, unser gesellschaftliches Zusammenleben positiv zu gestalten, stellt uns jedoch auch vor die Aufgabe, für eine gerechte Teilhabe aller zu sorgen.
Meine Arbeit in der Sozioinformatik zielt darauf ab, zu verstehen und zu gestalten, wie digitale Technologien in einer Weise in unsere Gesellschaft integriert werden können, die Teilhabe fördert, Gerechtigkeit erhöht und Diskriminierung vermindert. Dieses Verständnis leitet mich in meiner Forschung und bestärkt mich in dem Bestreben, durch meine wissenschaftliche Arbeit einen Beitrag zu einer inklusiveren und gerechteren digitalen Zukunft zu leisten.
Als Forscherin an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften liegt mir zudem am Herzen, dass die Erkenntnisse der Sozioinformatik nicht nur akademisch relevant sind, sondern auch praktische Anwendung finden. Es ist mir wichtig, dass das generierte Wissen direkt in die Entwicklung und Gestaltung von KI-Produkten einfließt, die im Alltag der Menschen eine Rolle spielen. Hier entwickeln wir zum Beispiel derzeit eine Reihe von Wissensnuggets, die Möglichkeiten der sozialverantwortlichen KI-Gestaltung für Praktiker*innen aufzeigt. Sie sind auf der Lernplattform KI-Campus kostenfrei für alle zugänglich. Hier bekomme ich gerade sehr viel positive Rückmeldung, das inspiriert mich zusätzlich, dranzubleiben und weiterzumachen.
Besonders stolz bin ich auf die Momente, in denen es mir gelingt, durch meine Forschung zur Geschlechtergerechtigkeit und dem Abbau von Vorurteilen in der Technologieentwicklung, eine positive und offene Diskussion anzuregen. Es ist großartig, wenn man forschungsbasiert Vorbehalte abbauen und verdeutlichen kann, dass Geschlechtergerechtigkeit und Inklusion uns alle voranbringen.
Meine zukünftige Arbeit zielt darauf ab, unsere laufenden Projekte weiterzuentwickeln und ihren Impact zu maximieren. Durch Projekte wie KITE II und unser EU-Projekt für geschlechtergerechte Innovationen strebe ich danach, sowohl wissenschaftliche als auch praktische Fortschritte zu erzielen.
Über die Forschung hinaus ist mir der praktische Nutzen unserer Arbeit besonders wichtig. Ein Beispiel dafür ist unser Projekt MAKEitREAL, ein mobiler Makerspace für Mädchen mit Zuwanderungsgeschichte in Heilbronn. Nach einer erfolgreichen Forschungsphase ist es nun unser Ziel, dieses Angebot nachhaltig in der Region zu etablieren. Damit wollen wir nicht nur das individuelle Potenzial der Teilnehmerinnen fördern, sondern auch einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung leisten.
Dass es nicht sinnvoll ist, sich über die Dinge zu sehr aufzuregen, war mir natürlich auch schon früher klar, aber ich muss sagen, dass es mir mit zunehmendem Alter leichter fällt...
Mein Rat an Frauen, die eine wissenschaftliche Laufbahn anstreben, ist: Seid mutig, vernetzt euch, sucht euch Mentor*innen und seid sichtbar. Genauso wichtig ist aber auch: Seid eine Unterstützerin – helft und fördert andere Frauen auf ihrem Weg. Gemeinsam können wir eine stärkere, inklusivere Wissenschaftsgemeinschaft aufbauen.
Am 11. Februar findet jährlich der Internationale Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft statt. Der Aktionstag würdigt die entscheidende Rolle von Frauen und Mädchen in Wissenschaft und Technik, er soll ermutigen, fördern und unterstützen.
In diesem Rahmen möchte das Referat für Gleichstellung und Diversität die Leistungen von Wissenschaftlerinnen der Hochschule Heilbronn in den Fokus rücken. In den Wochen bis zum Girls Day, dem 25.04.24, stellen sich die Wissenschaftlerinnen vor, geben Einblick in ihre Arbeit und nennen Beweggründe für eine wissenschaftliche Karriere.
Anlässlich des Internationalen Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft stellen sich Wissenschaftlerinnen der HHN vor, geben Einblick in ihre Arbeit und nennen Beweggründe für eine wissenschaftliche Karriere.