Heilbronn, Dezember 2023. Im Rahmen des Wettbewerbs "Professor des Jahres" der UNICUM Stiftung standen kürzlich gleich zwei Professorinnen der Hochschule Heilbronn (HHN) auf dem Siegertreppchen: Professorin Maren Lay sowie Professorin Jennifer Niessner. Das feiert die HHN, wobei Rektor der Hochschule Professor Oliver Lenzen in festlichem Rahmen die Sieger-Urkunden übergibt. Anschließend referieren die Professorinnen und geben Einblicke in ihre Tätigkeiten. Die Feierlichkeit bietet die Gelegenheit, mit beiden Wissenschaftlerinnen zu sprechen. Im Interview berichten Sie aus ihrer Welt der Wissenschaft und Lehre.
Lay: Ich höre zumindest sehr oft, dass meine Begeisterung für mein Fachgebiet ansteckend ist und die aktuellen und praktischen Themen zum Mitarbeiten motivieren. Ich glaube aber auch, dass es wichtig ist, einen sicheren Lernort zu schaffen. Damit meine ich eine Kultur der offenen Kommunikation, ohne Angst Fehler zu machen, Fragen zu stellen, ein Angebot zum Mitgestalten. So entsteht ein Begegnungsraum für Studierende, in dem auch kritische Diskussionen Platz haben.
Niessner: Ich versuche, an geeigneten Stellen immer aktuelle Inhalte einzubauen. Zum Beispiel aus Forschungsaktivitäten oder auch Ergebnisse studentischer Arbeiten. Diese integriere ich in meine Vorlesungen. Ich denke, dass das und auch die eigene Begeisterung für ein Thema motivierend wirken.
Niessner: Während meiner Zeit in der industriellen Forschung habe ich die freie Forschung und die Nähe zu den Studierenden vermisst. Darüber hinaus ist es für mich sehr wertvoll, Lebenswege teilweise begleiten und fördern zu dürfen. HAW-Studierende haben oft nicht die einfachsten Eingangsvoraussetzungen für ein Studium – manche sind sogenannte first generation academics, also die ersten innerhalb einer Familie, die überhaupt ein Studium aufnehmen. Andere studieren mit Kind, haben Migrationshintergrund, nicht-geradlinige Bildungswege, pflegen Angehörige oder müssen ihren Lebensunterhalt nebenher selbst finanzieren. Für einige bedeutet ein Studium daher extrem viel. Manche Studierende wachsen bei der Mitarbeit in Forschungsprojekten - wie im Rahmen einer studentischen Arbeit - über sich selbst hinaus. Solchen motivierten Studierenden Chancen aufzuzeigen und ihnen Mut machen, ihren Weg zu gehen, ist für mich ein wichtiger Baustein meines Berufs.
Lay: Der Mensch in seinem Verhalten – in der Interkation mit Anderen oder in Wechselbeziehungen mit Organisationen, hat mich immer schon fasziniert. Auch Fragestellungen, wie sich Beziehungsqualitäten verändern und durch die Digitalisierung weiter verändern werden, wie man Menschen für Veränderungen begeistern kann oder welche Rolle Vertrauen spielt. Das kann einen ja eigentlich nur interessieren, denn es geht ja schließlich um uns, unser Jetzt und unsere Zukunft.
Niessner: Strömungsmechanik ist einfach super vielseitig und wird nie langweilig. Ich habe mit Strömungsmechanik zu tun, wenn ich beispielsweise mit Wasserdampf die Milch für meinen Cappuccino aufschäume, oder wenn ich mit dem Akkuschrauber eine Schraube hineindrehe, wenn ich mir ein Glas Wasser aus dem Hahn zapfe, das vielleicht aus einem porösen Medium, nämlich dem Grundwasser, kommt und durch Rohrleitungssysteme bis zum Wasserabschluss geströmt ist und so vieles mehr – ich könnte noch ewig weiter berichten, wo uns Strömungsmechanik im Alltag begegnet.
Lay: Wenn die Frage ganz generell beantwortet werden darf, dann wünsche ich mir am allermeisten mehr Zeit, um mich für das Thema Bildungsgerechtigkeit einzusetzen. Wenn man sich in der Welt ein bisschen umschaut, dann wird einem schnell bewusst, wie privilegiert man ist. Und ich hatte in meinem Leben wirklich sehr viel Glück, angefangen von meinem Geburtsort, meinen Bildungsmöglichkeiten, den Menschen mit denen ich privat und beruflich zu tun habe und mehr. Millionen von Menschen haben überhaupt keinen Zugang zu Bildung, dabei ist es ein zentraler Schlüssel, um positive Veränderungen zu gestalten.
Lay: Mit Studierenden arbeite ich aktuell in einem Forschungskolloquium zum Thema Vertrauen in Chatbots. Zudem forsche ich zur Akzeptanz von KI-gesteuerten Smart City Lösungen. Mit Studierendengruppen untersuchen wir zum Beispiel, wie smarte Wohn- und Mobilitätslösungen die Nachhaltigkeit und das soziale Miteinander in unseren Städten der Zukunft verbessern können. Gefördert von der Dieter Schwarz Stiftung, arbeite ich in diesem Forschungsprojekt mit Forscherinnen und Forschern der HHN, der DHBW und der Toulouse School of Management zusammen.
Niessner: Das sind nun ganz große Begriffe. Generell arbeiten wir in unseren Projekten daran, den Energiebedarf, beispielsweise bei der Schadstoffabscheidung oder bei Lüftungsmaßnahmen, zu senken. Insofern trägt unsere Forschung dazu bei, den CO2-Ausstoß zu reduzieren und stellt einen Baustein im Kampf gegen den Klimawandel dar. Außerdem stehen bei uns Filter im Fokus, die es ermöglichen, Mikroplastik aus dem Waschmaschinenabwasser zu entfernen. Aber auch Feinstaub, infektiöse Keime oder Kühlschmierstoffnebel können sie aus der Atemluft entfernen oder auch Allergiker vor Pollen schützen. Das alles sind unsere Beiträge zum Umwelt- und Gesundheitsschutz.
Lay: Die Vielseitigkeit des Berufsbildes fasziniert mich. Auf der einen Seite kann ich in Industrie- und Forschungsprojekten mitarbeiten und auf der anderen Seite kann ich direkt beim Transfer in die Hörsäle mitwirken. Für mich ist es aber auch total schön, den Entwicklungs- und Karrierepfad von Studierenden mitbegleiten zu dürfen. Mich freut es sehr, wenn sich zum Beispiel ehemalige Studierende bei mir melden und sich positiv an meine Vorlesungen zurückerinnern, wir in Verbindung bleiben, ehemalige Studierende als Dozent*innen wieder an die Hochschule kommen oder wir gemeinsame Praxisprojekte starten. Da schließt sich dann der Kreis.
Niessner: Die Auszeichnung bedeutet mir sehr viel. Ich weiß zwar nicht, wer mich nominiert hat, aber ich werte sie als Anerkennung für die Forschungsarbeiten, die wir im Pandemiekontext geleistet haben – unter aktiver Mitarbeit vieler Studierender, sei es im Rahmen von studentischen Arbeiten oder als wissenschaftliche Hilfskräfte.
Mit rund 8.000 Studierenden ist die Hochschule Heilbronn (HHN) eine der größten Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in Baden-Württemberg. Ihr Kompetenz-Schwerpunkt liegt in den Bereichen Technik, Wirtschaft und Informatik. An ihren vier Standorten in Heilbronn, Heilbronn-Sontheim, Künzelsau und Schwäbisch Hall bietet die HHN mehr als 60 zukunftsorientierte Bachelor- und Masterstudiengänge an, darunter auch berufsbegleitende Angebote. Die HHN bietet daneben noch weitere Studienmodelle an und pflegt enge Kooperationen mit Unternehmen aus der Region. Sie ist dadurch in Lehre, Forschung und Praxis sehr gut vernetzt. Das hauseigene Gründungszentrum unterstützt Studierende sowie Forschende zudem beim Lebensziel Unternehmertum.
Hier finden Sie alle Pressemitteilungen des laufenden Jahres der Hochschule Heilbronn.