Kennzeichenliberalisierung

„Initiative Kennzeichenliberalisierung”:
Eine Kurzdarstellung des Forschungsprojekts

  • Projektidee der Öffnung der Kennzeichenzuordnung zu Bezirken bewirkt Änderung der Fahrzeugzulassungsverordnung
  • Mehrheit von 72 Prozent in den betroffenen Städte wünschte sich Rückkehr zum Altkennzeichen
  • Über 50.000 Personen in über 200 deutschen Städten befragt
  • Projektstudie als Buch verfügbar
  • Über 300 Altkennzeichen sind inzwischen wiedereingeführt
Herr Bochert hält verschiedenen Kennzeichen

Heilbronn, Frühjahr 2024. Weit über 300 deutsche Städte haben, nachdem die Reform der Fahrzeugzulassungsverordnung seit 1. November 2012 gültig ist, ihre Kennzeichen wieder zurück. Damit setzen fast alle Bundesländer die neue Verordnung um. Es ist damit zu rechnen, dass im Laufe der nächsten Jahre noch weitere der noch nicht wiedereingeführten unter 100 Kennzeichen zurückkehren. Zuletzt wurde im Dezember 2023 im Schwarzwald-Baar-Kreis beschlossen, das Donaueschinger DS zu reaktivieren, nachdem zuvor im Nachbarkreis das NEU- und das MÜL-Kennzeichen für Titisee-Neustadt und Müllheim wiedereingeführt worden war.

Diese Entwicklung ist auf das Forschungsprojekt „Heilbronner Initiative Kennzeichenliberalisierung“, das sich den Möglichkeiten widmete, auslaufende Kfz-Kennzeichen wieder einzuführen oder durch Gebietsreformen gefährdete Kennzeichen zu erhalten, zurückzuführen.Um heraus zu finden, wie die jeweilige lokale Bevölkerung zu dieser Idee steht, wurden dazu in den Jahren 2010 bis 2012 mehr als 50.000 Personen in über 200 deutschen Städten im Rahmen des Projekts, das unter der Leitung von Prof. Dr. Ralf Bochert, von der Hochschule Heilbronn, steht, befragt. Die Ergebnisse: Die große Mehrheit von gut 72 Prozent der Befragten in den Städten äußerte den Wunsch zur Rückkehr zu ihrem Altkennzeichen, 13 Prozent sprachen sich für die Beibehaltung der aktuellen Situation aus. Auffällig stark war der Wunsch zur „Reform der Reform“ in den neuen Bundesländern vorhanden. Je kürzer der Kennzeichenverlust zurückliegt, desto mehr Befürworter gibt es. „Diese Ergebnistendenz in den neuen Bundesländern war zu erwarten. Überraschend ist jedoch, dass zwei Drittel der Befragten in den alten Bundesländern, wo die Gebietsreformen zum Großteil bereits in den 1970er Jahren durchgeführt wurden, ebenfalls zu ihrem Altkennzeichen zurück wollen. Dies zeigt, welche Langfristigkeit und Nachhaltigkeit das Thema hat“, so Prof. Dr. Ralf Bochert. Vor allem die deutliche Zustimmung der jüngsten Altersgruppe von 16 bis 30 Jahren fällt auf: Offensichtlich besteht ein eindeutiger Wunsch bei jungen Menschen nach Verortung in Ihrer Stadt.

Inzwischen, so schätzt Bochert, seien 3 Millionen Fahrzeuge bundesweit wieder mit den alten Kennzeichen unterwegs. "Wenn man einmal davon ausgeht, dass ein solches Kennzeichen einen vergleichbaren Zusatznutzen von durchschnittlich 10 € für den Halter des Fahrzeugs bedeutet, das jedenfalls zeigten unsere Nachfragen bei den Befragungen, dann sind durch das Projekt Nutzen von 30 Mio € entstanden. Es hat sich also sicher gelohnt, das Thema anzugehen."

Wichtigste Trends und Chancen:

„Die eindeutige Zustimmung der Menschen zur Wiedereinführung auslaufender Kfz-Kennzeichen in denjenigen Städten, die früher durch ein solches repräsentiert wurden, zeigte politischen Handlungsbedarf auf“, erläutert Bochert. „Insbesondere die auch für uns erstaunlich große Resonanz nicht nur regionaler Medien hat zur Wahrnehmung unseres Projekts sowie zu einer positiven Sichtweise der Idee beigetragen. Die Chancen, die sich daraus ergeben, liegen in den Vermarktungspotenzialen für die betroffenen Städte. Darüber hinaus ist das Ergebnis als Appell an die Landkreise zu deuten, deren Akzeptanz sich durch eigene Kennzeichen für wichtige Städte in den Landkreisen und die damit gezeigte Bürgernähe verbessern lassen würde.“

Der Bundesrat hatte am 21. September 2012 die Änderung der Fahrzeugzulassungsverordnung beschlossen. Die Regelung ist nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger nun seit dem 1. November Bundesrecht. Demnach können die Länder mehrere Kennzeichen pro Zulassungsbezirk (Landkreise, kreisfreie Städte) beantragen. So wird ermöglicht, dass in einem Zulassungsbezirk (Landkreis) die aktuelle Kennung als Standard sowie ein oder mehrere bisherige Kennzeichen als Wunschkennzeichen wählbar sind. Diese Regelung ist aber auf Altkennzeichen beschränkt. Die Regelung orientiert sich an der Empfehlung aus dem Projekt „Kennzeichenliberalisierung“ der Hochschule Heilbronn.Alle Flächenländer bis auf das Saarland machen bereits Gebrauch von der Regelung.

„Diese Lösung ist als sehr bürgerfreundlich einzustufen, weil sie auf Freiwilligkeit beruht“, so Bochert. Kein Fahrzeughalter muss zwangsweise zum Altkennzeichen zurückkehren. Gleichzeitig erhält der Landkreis aufgrund der Wunschkennzeichengebühr die Möglichkeit zu höheren Einnahmen. „Das Wiederaufleben des Symbols im Straßenverkehr bringt den Städten eine kleine zusätzliche Marketingmöglichkeit, die ohne Zusatzkosten umzusetzen ist, da die EDV der Zulassungsbehörden mehrere Kennzeichen gleichzeitig verwalten kann“, erklärt Bochert. Außerdem wird durch dieses Modell auch denjenigen Bürgern in den Altkreisgebieten, die gern wieder das alte Kennzeichen auf dem Nummernschild haben möchten, diese Möglichkeit gegeben.