Jochen Günther: Unsere Gruppe fokussiert sich auf drei Kernbereiche: Anwendungsszenarien für KI, Entwicklung von Geschäftsmodellen und Vernetzung von Unternehmen. Wir erheben in Zusammenarbeit mit Fraunhofer IAO konkrete Anwendungsszenarien für den KI-Einsatz in verschiedenen Branchen, von Maschinenbau über Dienstleister bis hin zum Handwerk. Ziel ist es, Anwendungspotenziale von KI zu identifizieren, die Unternehmen produktive Vorteile bringen. Unsere Erkenntnisse fließen in andere Vorhaben ein, die die technische Umsetzung prototypisch erproben. Wir geben hier eine Richtung vor, die den spezifischen Anforderungen der Region und der Unternehmen entspricht.
Zweitens geht es um die Entwicklung von Geschäftsmodellen basierend auf den ermittelten KI-Potenzialen. Wir prüfen, inwiefern diese Potenziale für neue Geschäftsmodelle genutzt werden können, beispielsweise indem hybride Dienstleistungen im Maschinenbau entstehen, bei denen nicht nur Produkte, sondern auch begleitende Services angeboten werden. Derzeit analysieren wir potenzielle KI-Anwendungsfelder der Unternehmen, um darauf aufbauend passende Geschäftsmodelle zu identifizieren.
Drittens schaffen wir durch Networking eine Plattform für Unternehmen mit ähnlichen Interessen. Hier werden wir regelmäßige Veranstaltungen organisieren, um den regionalen Austausch zu fördern und Synergien zu ermöglichen. Ziel ist es, Unternehmen nicht nur über uns, sondern auch direkt miteinander zu vernetzen.
Zur Unterstützung bieten wir außerdem Weiterbildungsprogramme an, die den Wissensbedarf im Umgang mit KI decken sollen. So können Mitarbeiter grundlegende Kenntnisse aufbauen, um die Potenziale der KI im Unternehmen tatsächlich produktiv nutzen zu können.
Jochen Günther: Die Kollegen Stache und Lanquillon haben bereits mögliche Anwendungsfelder identifiziert und darauf aufbauend die Infrastrukturfrage analysiert. Wie muss diese aussehen, damit KI sinnvoll genutzt werden kann? Unsere Rolle ist es, einen breiteren Blick in die Region einzubringen, mit vielen Unternehmen zu sprechen, verschiedene Anwendungsfälle zu sammeln und so die Infrastruktur für KI-Services anzupassen, damit möglichst viele regionale Unternehmen profitieren.
Es ist deutlich, dass die Vielzahl und Vielfalt der Unternehmen sowie die breite Palette an möglichen KI-Anwendungsfeldern momentan sehr unübersichtlich sind. Vom Maschinenbau bis hin zu anderen Bereichen deckt KI potenziell nahezu jeden betrieblichen Funktionsbereich ab – vom Einkauf über die Produktion bis zum Vertrieb. Es gibt beispielsweise Anwendungen in der automatisierten E-Mail-Bearbeitung, wo eingehende Anfragen sortiert und teilweise standardisiert beantwortet werden könnten. Ebenso ließen sich in der Produktion durch Sensoren an Maschinen verschiedene Fertigungsschritte durch KI überwachen und in der Qualitätssicherung einsetzen. Die Herausforderung für Unternehmen liegt darin, aus der Vielzahl von Ideen jene herauszufiltern, die den größten Nutzen bringen und sich einfach umsetzen lassen. Oftmals bleibt die Entscheidung schwer, weil häufig nur sehr wenige Mitarbeiter zur Bewertung und Umsetzung von KI-Anwendungsfällen zur Verfügung stehen. Es gleicht der Suche nach der Nadel im Heuhaufen: Viele gute Ideen, aber nur wenige, die realistisch und schnell umsetzbar sind. Viele Unternehmen sind aktuell dabei, zu lernen und Erfahrungen zu sammeln, wo KI wirklich sinnvoll anwendbar ist.
Oft hat man dabei das Gefühl, dass vielleicht interessante Anwendungsbereiche übersehen werden. Es zeigt sich ein klarer Unterschied zwischen großen Konzernen wie Daimler oder Porsche und einem Handwerksbetrieb: Während ein Konzern typischerweise eine eigene IT-Abteilung hat, fehlt diese bei vielen Handwerksbetrieben oft vollständig – es gibt schlichtweg niemanden, der sich gezielt mit solchen Themen beschäftigt. Größere Unternehmen schöpfen hier aus größeren Ressourcenpools, aber das Grundproblem, sinnvolle Anwendungsfelder strukturiert zu erkennen, bleibt ähnlich.
Die großen Unternehmen verfolgen einen ähnlichen Ansatz wie wir, indem sie intern potenzielle Anwendungsszenarien für KI identifizieren und bewerten. Dennoch stehen auch große Unternehmen vor ähnlichen Herausforderungen, denn es bleibt ein „Trial and Error“-Prozess. Die Idee in unserer Gruppe ist, Erfahrungen zu bündeln, „Lessons Learned“ zu gewinnen und den Unternehmen zu helfen, die Umsetzung systematischer zu gestalten. Wir haben einen ersten Prozess zur Strukturierung dieses Prozesses entwickelt, stehen gleichzeitig aber noch am Anfang.
Jochen Günther: Wenn wir unseren Beitrag leisten und in drei Jahren zurückblicken und sagen können, dass wir unsere Ziele erreicht haben, wäre das ein großer Fortschritt. Wir werden effektive Prototypen entwickelt und Schulungen durchgeführt haben, um Unternehmen jeder Größe für dieses Thema zu sensibilisieren. Das würde bedeuten, dass die Unternehmen besser informiert sind und wissen, in welche Richtung sie gehen müssen, mit dem nötigen Know-how und den passenden Mitarbeitern. Das wäre ein großer Gewinn für die gesamte Region.
Wir befinden uns in einer Zeit des Wandels, wenn man die aktuellen Nachrichten betrachtet. Die Sektoren, von denen wir in den letzten Jahren profitiert haben, wie der Maschinenbau und die Automobilindustrie, stehen unter Druck. Zudem sehen wir demografische Herausforderungen, da die Belegschaft insgesamt älter wird und viele in den Ruhestand gehen, während nicht genug junge Arbeitnehmer nachkommen. Dieses Dilemma lässt sich nur durch eine Steigerung der Produktivität lösen, und KI könnte hierbei eine entscheidende Rolle spielen.
Es erinnert an die Automatisierung in den 70er und 80er Jahren. Ähnliche Veränderungen zeichnen sich jetzt im Bürobereich ab. Berufsbilder werden sich weiterentwickeln, und Technologien wie ChatGPT können viele Aufgaben übernehmen, die wir vor ein paar Jahren noch für unmöglich hielten. Wenn wir es schaffen, diese Produktivitätshebel zu nutzen, können wir dem demographischen Wandel begegnen und potenziell auch mit weniger Arbeitskräften mehr erreichen. Es geht auch darum Geschäftsmodelle anzupassen und indem man neue Technologien integrieret, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Es ist zudem wichtig, nicht nur den Einsatz von KI in bestehenden Unternehmen zu betrachten, sondern auch die Entstehung neuer Firmen, die Dienstleistungen rund um diese Technologien anbieten. Das Beherrschen dieser digitalen Werkzeuge wird also nicht nur die Produktivität steigern, sondern auch neue Arbeitsplätze schaffen.
Jochen Günther: Die Hochschule Heilbronn hat da einiges zu bieten. Ich denke, als Hochschule genießen wir die Freiheit von Forschung und Lehre. Wir haben die Möglichkeit, inhaltlich viel zu gestalten und innovative Ideen voranzutreiben.
Die Projektförderung ermöglicht es uns nicht nur, Ideen zu entwickeln, sondern sie auch konkret umzusetzen. Ein klarer Vorteil der Hochschule Heilbronn ist unsere enge regionale Vernetzung, die uns den Zugang zu Unternehmen erleichtert. Wir sind schon lange vor Ort präsent, was sicherlich einen Vorteil darstellt. Besonders interessant ist das Konsortium innerhalb von AI TRAQC. Ich habe bereits in verschiedenen Forschungsprojekten gearbeitet, aber die Zusammenarbeit mit regionalen Akteuren ist hier wirklich einzigartig. Oftmals sind Verbundprojekte deutschland- oder europaweit angelegt, aber hier haben wir alle relevanten Partner aus der Region an einem Tisch, was den Austausch und die Integration unterschiedlicher Perspektiven sehr fruchtbar macht. Jeder bringt seine eigenen organisatorischen Hintergründe mit, was ich sehr spannend finde. Der Fokus wirklich auf der Region und darauf, was wir für die Unternehmen vor Ort tun können. Das ist etwas ganz Besonderes und zeichnet unser Projekt klar aus.
In der Lehre und Forschung befasse ich mich vor allem mit Fragen der Auswirkungen der Digitalisierung auf Unternehmen. Die zentrale Fragestellung bei meinen Forschungsthemen ist die Nutzbarmachung digitaler Technologien in Unternehmen. Bei der Cybersicherheit beispielsweise spielt der Mensch eine wichtige Rolle, nicht nur die Frage, ob es noch ausgeklügeltere Kryptoverfahren gibt. Vielmehr interessiert mich, welche Rolle der Mensch bei der Gestaltung der IT-Sicherheit in Unternehmen spielt. Hier geht es stark um Akzeptanz von Sicherheitsmaßnahmen, um organisatorische Gestaltung und um Wahrnehmung.
Letztendlich müssen sich Unternehmen intensiv mit Governance-Ansätzen beschäftigen, um digitale Technologien gezielt einzusetzen. Sie sollten die Wechselwirkungen erkennen, die sich daraus für ihre Organisationen ergeben, denn Technologie existiert nie isoliert. Denn es ist entscheidend, sich Gedanken über die begleitenden Prozesse zu machen: Wie wird die Technologie eingeführt und wie für die Mitarbeiter nutzbar gemacht? Wie verändert die Technologie die Organisationskultur und Zusammenarbeit? Welche Auswirkungen ergeben sich in Summe daraus für die Geschäftsmodell von Unternehmen? Diese Themen beleuchten wir aus verschiedenen Perspektiven, sei es für KI, Cybersicherheit oder für soziale Medien und kollaborative Technologien. Die Arbeitswelt verändert sich: Wir sind weniger physisch präsent und arbeiten anders zusammen, Wertschöpfung digitalisiert sich.
Im Wesentlichen dreht sich in der Wirtschaftsinformatik vieles um die Wechselwirkungen zwischen technologischen und sozialen Aspekten innerhalb eines sozio-technischen Systems. Diese Aspekte bilden die Grundlage meiner Arbeit, die stark auf den Menschen fokussiert ist und alles miteinander verbindet.
Jochen Günther: Das Erste, was mir spontan in den Sinn kommt, ist die experimenta hier in Heilbronn, besonders wenn man Kinder hat. Das Science Center ist wirklich hervorragend gestaltet und bietet etwas für die ganze Familie.
Generell lebt man gut, isst gerne und trinkt vor allem gerne guten Wein in Regionen mit Weinbau. Das prägt auch unsere Region. Hier entlang des Neckars haben wir in Baden-Württemberg eine besondere Verbindung zwischen Weinbau, Kultur sowie Wirtschaft und Industrie. Diese Kombination ist spannend und kennzeichnet unsere wirtschaftlich starke Region, die zwar industriell geprägt ist aber gleichzeitig eine hohe Lebensqualität bietet.
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